Das Aufeinandertreffen zweier Tabellenführer schien auf dem Papier eine klare Sache zu sein – immerhin spielt der SC Bronschhofen zwei Ligen tiefer als der FC Sirnach. Doch der Cup hat seine eigenen Regeln. 120 Minuten aufopferungsvoller Kampf und eine geschlossene Teamleistung waren nötig, um die nächste Sensation gegen einen höherklassigen Gegner wahr werden zu lassen.
Die Vorzeichen zum Heimspiel der Zwischenrunde des Schweizer Cups sahen nicht rosig aus für den SC Bronschhofen. Urs Stauffachers Team traf stark ersatzgeschwächt durch zahlreiche Verletzungen, Absenzen und Sperren auf die 1. Mannschaft des FC Sirnach, die ihrerseits, seit 15 Spielen ungeschlagen (saisonübergreifend), an der Tabellenspitze der 2. Liga (Gruppe 2) steht. Dementsprechend klar waren die Rollen verteilt: Der SCB war zunächst mit Abwehrarbeit beschäftigt mit dem Vorhaben die Null hinten möglichst lange zu halten und vorne auf den Lucky Punch zu hoffen. Sirnach hingegen übernahm wie erwartet von Beginn an das Spieldiktat und setzte die Bronschhofner mit schnellen Spielzügen unter Druck.
Trotzdem dauerte es eine Viertelstunde bis zur ersten Grosschance der Gäste: Nach einem Ballverlust in der Vorwärtsbewegung konnte sich Innenverteidiger Brunner im letzten Moment noch in den Schuss eines Sirnacher Stürmers werfen und lenkte diesen mit etwas Glück an die Latte ab. Das Heimteam zeigte sich in der Startphase ziemlich nervös, agierte oftmals zu ungenau und mit hohen Bällen, so dass man in der Offensive mit Ausnahme von ein paar ungefährlichen Weitschüssen nicht viel zu zeigen vermochte. Umso konzentrierter war dafür die Defensivleistung der Bronschhofner: Angefangen bei den tief stehenden Stürmern Bortoluzzi und Osmani, für Letzteren war es das Debüt in der 1. Mannschaft, machte der SCB die Räume eng und liess dadurch selbst kaum Chancen zu. So ging es mit dem angestrebten 0:0 in die Pause nachdem Hagmann in der 35. Minute einen Kopfball entschärfte und Lehner zehn Minuten später auch die letzte Schussgelegenheit der Sirnacher abblocken konnte.
In der zweiten Halbzeit änderte sich nicht viel am Spielgeschehen. Die spielstarken Sirnacher blieben klar am Drücker, konnten ihre Überlegenheit allerdings nur selten in wirklich zwingende Chancen ummünzen und versuchten ihr Glück vermehrt in Distanzschüssen, welche jedoch selten ein Problem für Goalie Hagmann darstellten. Die Partie blieb intensiv und wurde mit zunehmender Spieldauer immer hektischer. Zwischen den Angriffen der Gäste ergaben sich ab und an auch Kontergelegenheiten für die Platzherren, die leider meist zu wenig konsequent ausgespielt wurden – erste Abnützungserscheinungen wurden beim Viertligisten deutlich sichtbar. In der 76. Minute kam Flammer nach einem Freistoss aus dem Halbfeld zu einer Abschlussgelegenheit, traf den Ball aber nicht richtig und setzte seinen Kopfball am Tor vorbei. Im Gegenzug konterte Sirnach über den rechten Flügel, dessen scharfe Hereingabe an Freund und Feind vorbei ins Toraus flog. Vier Minuten später ereignete sich die wohl brenzligste Szene: Ein Sirnacher Stürmer profitierte von den kurzzeitigen Abstimmungsproblemen in der Bronschhofner Defensive und kam aus 17m zentral freistehend zum Abschluss, setzte seinen Schlenzer aber knapp am Kasten vorbei.
Damit wurde eine ereignisreiche Schlussphase eingeleitet. In der 84. Minute wurde der Sirnacher Alessandro Maier zu einem taktischen Foul gezwungen, als er Zängerle beim Versuch eines schnellen Gegenstosses unfair stoppte. Weil ebendieser nur zwei Minuten zuvor bereits verwarnt wurde (Reklamieren wegen eines angeblichen Fouls im Sechzehner) bedeutete dies, dass der Favorit die restliche Spielzeit in Unterzahl zu bestreiten hatte. Die 90. Minute war bereits angebrochen, als Mirco Ludolini einen Abwehrfehler auf der rechten Seite ausnutzte und den Ball Zängerle zuspielte. Dieser stoppte ihn mit einer gekonnten Brustannahme und schloss umgehend ab, wobei sein Schuss nur Zentimeter am Aussenpfosten – und damit an der Sensation – vorbeischrammte. Bei einem Sirnacher Freistoss in der Nachspielzeit war schliesslich noch einmal Tanam Hagmann gefordert, der die Flanke wegfausten musste, bevor es nach torlosen 90 Minuten in die Verlängerung gehen konnte.
Mit einem Mann mehr auf dem Platz versuchte der SCB nun auch mitzuspielen, was zeitweise gut gelang. Allerdings bekam das Team auch klar die Auswirkungen der bisherigen Strapazen zu spüren: Luca Cavegn hatte immer mehr mit seiner schlimmer werdenden Fussverletzung zu kämpfen, währenddessen sich Ott stark hinkend meist nur noch um den Mittelkreis herum bewegen konnte. Durch bedingungslosen Einsatz hielt man das Spiel trotzdem ausgeglichen, wobei Chancen auf beiden Seiten erstmal Mangelware blieben – bis zur 104. Minute. Wieder war es Ludolini, der am rechten Flügel an den Ball kam. Seine Hereingabe konnte von der Verteidigung nicht geklärt werden und landete schliesslich bei Raphael Zängerle, der am zweiten Pfosten vergessen wurde und eiskalt mit einem Rechtsschuss in die weite Ecke zur vielumjubelten Führung traf.
Wie bereits im letzten Cupspiel gegen den FC Wängi (Sieg im Elfmeterschiessen) lag der SCB nun in Front und musste sich den wütenden Angriffen des Gegners entgegenstellen. Ein hektisches Durcheinander im Bronschhofner Sechzehner zu Beginn der Schlussviertelstunde wurde vom meist sicheren Schiedsrichter glücklicherweise nicht als Foul ausgelegt. In der Folge waren die Abschlüsse der Gäste während einer Druckphase bis zur 114. Minute durchwegs zu zentral aufs Tor gezogen und damit sichere Beute für Hagmann. Vier Minuten vor dem Ende der Verlängerung eroberte Remzi Helshani mit beherztem Einsatz den Ball in der gegnerischen Platzhälfte. Ott spielte die Kugel sogleich zu Zängerle, der den gestarteten David Dudli mit einem Steilpass lancierte. Dudli, sonst Torgarant in der 2. Mannschaft des SCB, behielt die Ruhe, umspielte routiniert den Sirnacher Schlussmann und drosch den Ball zum vorentscheidenden 2:0 ins Tor.
Trotz dem Zwei-Tore-Rückstand und der verschwindend geringen Zeit, die zur Aufholjagd übrig blieb, war beim Zweitligisten von Resignation nichts zu sehen. Im Gegenteil: Bereits eine Minute später kamen die Gäste zu mehreren gefährlichen Eckbällen, die jedoch vom kopfballstarken Brunner resp. von Heer im Getümmel geklärt werden konnten. Zwei Minuten vor Schluss lag der Ball dann doch im Gehäuse des Gastgebers. Die Freude über den Anschlusstreffer währte bei den Sirnachern aber nur kurz: Der Unparteiische hatte die Partie zuvor wegen eines Foulspiels unterbrochen. Gleichzeitig mit dem Verhindern einer hitzigen Schlussminute bekam der SCB nun auch noch die Möglichkeit sein schnelles Konterspiel aufzuziehen: Zängerle bewies einmal mehr viel Übersicht und schickte Flammer mit einem Querpass auf die Reise. Dieser nutzte die Überzahlsituation und den vorhandenen Platz aus, stürmte nach vorne und spielte zu Marc Ott, der den Ball perfekt getimt weiterleitete und den gestarteten Sandro Bortoluzzi bediente. Der Bronschhofner Goalgetter beendete diesen schulbuchmässigen Angriff mit einem schönen Heber über den Torwart zum Endstand von 3:0. [>> zum Video des dritten Tores in bester 2011-Aufnahmequalität <<]
Der SC Bronschhofen schaffte es damit zum dritten Mal hintereinander einem höherklassigen Gegner im Cup zu trotzen und durch eine geschlossene Teamleistung, viel Kampf, Einsatz und dem nötigen Quäntchen Glück siegreich aus der Partie hervorzugehen. Dadurch kann die Mannschaft im Cup überwintern und sich im Frühjahr erstmals auf die Viertelfinalspiele der Vorrunde freuen. An dieser Stelle möchten wir uns auch für die zahlreiche Unterstützung von Fans & Freunden bedanken, die ein solches Spiel erst zu einem aussergewöhnlichen Ereignis werden liessen. Wir hoffen Ihr sorgt bei den nächsten Heimspielen für ähnlich gute Stimmung.
SC Bronschhofen – FC Sirnach (2.) 3:0 n.V. (0:0, 0:0).
104. Zängerle (Ludolini) 1:0.
116. Dudli (Zängerle) 2:0.
120. Bortoluzzi (Ott) 3:0.
Aufstellung SCB: Hagmann; Ott, Brunner, Lehner (58. Ludolini), Heer; Zängerle, Flammer, Cavegn, Näf (85. Helshani); Bortoluzzi, Osmani (65. Dudli)
Aufstellung FC Sirnach: Rodrigues, Radoncic, Simoes, Maier, Petrovic, Rrustemi, Rexhepaj, Tomasello, Rutz, De Simone, Cardoso
Einwechslungen: Durante, Veliu, Yaman
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